alternativen zu pille & Co.
Hormonfreie Verhütung: Welche Methoden es gibt und wie sie funktionieren
- Aktualisiert: 09.12.2022
- 09:05 Uhr
Lange Zeit galt die Pille als das Nonplusultra der Verhütung. Und auch der Nuvaring oder das Stäbchen unter der Haut bieten zuverlässigen Schutz vor Schwangerschaften. Doch welche Alternativen gibt’s, wenn man keine Lust auf hormonelle Verhütung hat – oder sie nicht verträgt? Wir stellen die verschiedenen hormonfreien Verhütungsmethoden vor, inklusive Vor- und Nachteile. So kannst du herausfinden, welche Methode am besten zu dir passt.
Wie funktioniert hormonfreie Verhütung?
Die fruchtbare Phase im weiblichen Zyklus beginnt etwa vier bis fünf Tage vor dem Eisprung und endet etwa ein bis zwei Tage danach. In diesem Zeitraum kann eine Frau schwanger werden. Um das zu verhindern, eignen sich unter anderem mechanische Verhütungsmittel. Sie unterbinden, dass Spermien die Eizelle erreichen – und greifen nicht in den Hormonhaushalt ein. Das bekannteste Beispiel ist das Kondom, und das schützt "on top" auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine weitere Alternative zur Pille ist die natürliche Verhütung. Dabei werden die fruchtbaren Tage bestimmt, um zu wissen, wann es "brenzlig" und beim Sex zuverlässiger Verhütungsschutz benötigt wird. Die radikalste Option ist die Sterilisation der Frau oder des Mannes, für die ein chirurgischer Eingriff nötig ist.
Welche hormonfreien Verhütungsmethoden gibt es?
Diaphragma, Kupferspirale, Verhütungscomputer: Unsere Liste gibt einen Überblick über die verschiedenen nicht-hormonellen Verhütungsmethoden. Um herauszufinden, welche Methode zu dir und deinem Lifestyle passt, besprichst du dich am besten mit deiner Frauenärztin/deinem Frauenarzt.
- Coitus Interruptus: Die beiden lateinischen Wörter bedeuten so viel wie "unterbrochener Geschlechtsverkehr." In dem Fall wird der Penis kurz vor der Ejakulation aus der Vagina gezogen. Warum die wohl älteste Verhütungsmethode der Welt auch eine der unsichersten ist, kannst du weiter unten nachlesen.
- Diaphragma: Das Pessar existiert bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts. Der flexible Ring (rund oder oval) ist mit Silikon bespannt und wird vor dem Geschlechtsverkehr in die Scheide eingeführt. Dort wirkt er als Barriere und versperrt den Spermien den Zugang zur Gebärmutter – vorausgesetzt, er sitzt richtig. Zusätzlich wird ein Milchsäure-Gel auf das Verhütungsmittel aufgetragen, das den pH-Wert in der Vagina senkt und so die Beweglichkeit der Spermien hemmt. Nach dem Sex sollte das Diaphargma noch mindestens sechs bis acht Stunden in der Scheide bleiben. Und nach jedem Einsatz muss es gründlich gereinigt werden. Ein Diaphragma ist bis zu zwei Jahre haltbar und kostet je nach Modell zwischen 30 und 70 Euro. Dazu kommen gegebenenfalls Kosten für Versand, Anpassung und Kontrolluntersuchung in einer gynäkologischen Praxis.
- Portiokappe: Die Silikonkappe ist quasi die Weiterentwicklung des Diaphragmas. Sie wird in die Vagina eingeführt und über den Muttermund gestülpt – und ebenfalls in Kombination mit einem Spermizid-Gel verwendet. Das einzige in Deutschland erhältliche Präparat ist unter dem Markennamen FemCap bekannt. Da die richtige Größe für den perfekten Sitz essenziell ist, empfiehlt sich eine Beratung und Anpassung in einer gynäkologischen Praxis. Nach dem Sex muss die Kappe noch mindestens sechs Stunden vor dem Muttermund verweilen – spätestens nach 48 Stunden jedoch sollte sie entfernt werden. Die Portiokappe hält ein bis drei Jahre und kostet zwischen 50 und 60 Euro.
- Femidom: Ursprünglich wurde das Frauenkondom für Sexarbeiterinnen entwickelt – da Männer sich häufig weigerten, Kondome zu nutzen. Der dünne Schlauch aus Latex oder Polyurethan hat ein geschlossenes und ein offenes Ende – mit je einem flexiblen Ring. Das geschlossene Ende wird in die Vagina eingeführt und vor dem Muttermund platziert, so dass das Femidom die Scheide wie eine zweite Haut auskleidet. Auf diese Weise hält es nicht nur Spermien auf, sondern schützt auch vor Geschlechtskrankheiten. Ein Exemplar kostet um die drei Euro und man verwendet es – wie auch ein Kondom – nur einmal. Da die Handhabung nicht ganz einfach ist, braucht es ein wenig Übung, um Anwendungsfehler zu vermeiden. Wird das Femidom falsch eingesetzt, kann es verrutschen.
- Kondom: Schon in der Antike kamen Kondome zum Einsatz, damals waren diese allerdings aus Stoffen oder Tierdärmen gefertigt. Die ersten Exemplare aus Latex gingen 1870 in Serie. Fun Fact: Erfunden hat die Lümmeltüten Charles Goodyear (ja, der mit den Reifen). Bist du mit einem Mann im Bett und er weigert sich, ein Kondom zu benutzen („Das fühlt sich einfach nicht so gut an“, "Damit krieg ich keinen hoch" oder "Ich habe eine Latex-Allergie" sind beliebte Ausreden), solltest du dennoch darauf bestehen. Denn Kondome schützen schließlich doppelt – vor einer Schwangerschaft und vor Geschlechtskrankheiten. Und noch ein "Pluspunkt": Verrutscht oder reißt ein Kondom, merkt man das in den meisten Fällen. Falls es dann schon zu spät ist, kann frau wenigstens noch die Pille danach nehmen. Reißen Kondome häufiger, liegt das nicht selten an der falschen Größe.
- Kupferspirale: Der kleine mit Kupferdraht umwickelte Kunststoffkörper sieht meist aus wie ein "T". Das Einsetzen in die Gebärmutter wird von Frauenärzt:innen vorgenommen. Die Kupfer-Ionen, die die Spirale kontinuierlich lokal abgibt, hemmen die Beweglichkeit der Spermien und verkürzen ihre Lebensdauer. Zudem verändern sie die Gebärmutter-Schleimhaut – dadurch kann sich die Eizelle nicht einnisten, falls es doch zu einer Befruchtung kommt. Das Einlegen der Spirale kann schmerzhaft sein. Und es ist auch möglich, dass sich vor allem in den ersten Monaten Regelschmerzen und -blutungen verstärken. Der große Vorteil: Drei bis fünf Jahre (machmal auch bis zu zehn Jahre) musst du dir keine Gedanken um die Verhütung machen. Die Kosten für Beratung, Untersuchung und Einlegen einer Kupferspirale belaufen sich auf 120 bis 300 Euro. Bei Frauen bis zu 21 Jahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten. Bei der Goldspirale handelt es sich um eine Weiterentwicklung der Kupferspirale.
- Kalendermethode: Dabei muss der Zyklus genau protokolliert werden, um die fruchtbaren Tage bestimmen zu können. Digitale Unterstützung liefern Apps wie "Clue" (kostenlos). Du trägst in den Zyklus-Kalender ein, wann du deine Periode hast, und die App berechnet daraufhin deine fruchtbare Phase. Entsprechend weißt du, wann du (theoretisch) ungeschützten Sex haben kannst – und wann du verhüten musst. Allerdings ist das natürliche Verhütungsverfahren, auch Knaus-Ogino-Methode genannt, relativ unsicher: Denn zahlreiche Faktoren – etwa Alkohol, Medikamente, Schlafmangel oder Zeitverschiebungen auf Reisen – können den Menstruationszyklus und damit auch den Eisprung beeinflussen. Und das würde dann zu falschen Berechnungen führen. Generell ist die Methode eher für Frauen mit regelmäßigem Zyklus geeignet.
- Symptothermale Methode: Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine Kombination aus der Temperatur- und der Zervixschleim-Methode. Zum einen misst man jeden Morgen nach dem Aufwachen die Körpertemperatur – nach dem Eisprung steigt sie um wenige Zehntelgrad. Zum anderen geht es darum, die Beschaffenheit des Zervixschleims zu überprüfen. Vor dem Eisprung wird der Schleim immer flüssiger, klarer und schließlich fadenziehend, nach dem Eisprung nimmt er wieder eine leicht milchig-trübe, etwas zähe Konsistenz an. Zusätzlich kann die Frau noch ihren Muttermund abtasten, in der fruchtbaren Zeit ist er weicher, leicht geöffnet und weiter nach oben verlagert. Für diese Methode muss man sich viel und eingehend mit dem eigenen Körper und seinem Zyklus auseinandersetzen – doch dann kann man mit ziemlicher Sicherheit die fruchtbaren Tage bestimmen.
- Verhütungscomputer: Mit einem Temperatur-Computer misst man mithilfe eines Sensors morgens die Temperatur – oral oder auch vaginal. Den "Trackle" (aktueller Preis: 199 Euro) beispielsweise trägt man über Nacht in der Vagina. Hormon-Computer dagegen analysieren via Teststreifen den Hormonspiegel im Morgenurin. Aufgrund der gesammelten Daten berechnen die kleinen Geräte die fruchtbaren Tage. Grünes Licht bedeutet "sicher" (unfruchtbare Tage), rotes Licht steht für "gefährlich" (fruchtbare Tage). Je länger ein Verhütungscomputer benutzt und mit Zyklusdaten „gefüttert" wird, umso genauer sind die Berechnungen.
- Sterilisation: Bei der Sterilisation des Mannes, der sogenannten Vasektomie, durchtrennt man die Samenleiter und verschließt dann die losen Enden. Dadurch können keine Spermien mehr in die Samenflüssigkeit gelangen. Die Kosten für den Eingriff liegen zwischen 300 und 500 Euro. Soll das Ganze rückgängig gemacht werden, ist das theoretisch möglich – hierfür ist jedoch ein weiterer operativer Eingriff nötig, für den es keine Erfolgsgarantie gibt. Die Sterilisation einer Frau gestaltet sich komplizierter und kostet zwischen 600 und 1.000 Euro. Hier werden die Eileiter verschlossen oder durchtrennt. So findet zwar weiterhin ein Eisprung statt, aber das Ei landet in der Bauchhöhle, wo es dann abgebaut wird. Rückgängig machen lässt sich die Sterilisation bei Frauen nur in Einzelfällen.
Was ist die sicherste hormonfreie Verhütungsmethode?
Bestimmt habt ihr schon mal was vom Pearl-Index (PI) gehört: Der gibt an, wie sicher eine Verhütungsmethode ist. Liegt der Index bei 1, bedeutet das, dass eine von hundert Frauen, die dieselbe Methode nutzen, innerhalb eines Jahres schwanger wird. Da der Wert bei der Antibabypille zwischen 0,1 und 0,9 liegt, gilt diese als super sichere Methode. Doch auch hormonfreie Verhütungsmethoden können mithalten: Am sichersten ist die Sterilisation des Mannes mit einem PI von 0,1. Da dieser radikale Eingriff für die meisten Menschen jedoch keine Option ist, bietet sich die Kupferspirale (0,3-0,8) an. Und auch die symptothermale Methode (0,4 -1,8) ist bei einem nicht allzu turbulenten Lifestyle zuverlässig. Für Verhütungskappen wird ein PI von 6 angegeben, beim Diaphragma liegt er bei 1-20. Wird gar nicht verhütet, werden 85 von 100 Frauen im Lauf eines Jahres schwanger. Beim Coitus interruptus sind es 4-18 – selbst wenn rechtzeitig vor dem Samenerguss abgebrochen wird, können Spermien durch das Präejakulat („Lusttropfen") schon lange vorher in die Scheide gelangen. Doch welche ist nun die beliebteste hormonfreie Verhütungsmethode der Deutschen? Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2019 belegt, dass 46 Prozent aller sexuell aktiven Erwachsenen mit Kondom verhüten. 47 Prozent setzen auf die Pille, viele nutzen sogar beides.
Warum verhüten immer mehr Frauen hormonfrei?
Aufgrund ihres niedrigen Pearl-Index sind Pille und Co. zwar sichere Verhütungsmethoden und haben seit ihrer Einführung in den 1960er- Jahren viel zur Selbstbestimmung und Emanzipation der Frau beigetragen. Doch hormonelle Verhütung durch Pille, Vaginalring, Verhütungspflaster, Stäbchen oder Dreimonatsspritze hat auch Schattenseiten: Gewichtszunahme, weniger Lust auf Sex, Kopfschmerzen und Depressionen können als Nebenwirkungen auftreten. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem die erhöhte Thrombose-Gefahr – vor allem für Raucherinnen ein Risikofaktor. Ob mit oder ohne Hormone: Du entscheidest selbst, welche Verhütungsmethode zu dir, deinem Lifestyle, deinem Körper und deiner Familienplanung am besten passt. Deine Frauenärztin oder dein Frauenarzt können dir dabei beratend zur Seite stehen.